22.08.2025
Tradition mit Zukunft
2025 ist das "Jahr der Genossenschaften"
Die besondere Form des genossenschaftlichen Wohnens hat sich über Jahrzehnte als tragende Säule für bezahlbaren und sozial gerechten Wohnraum etabliert.
Mehr als nur eine Rechtsform
Genossenschaften sind nicht nur eine Rechtsform, vielmehr sind sie eine Lebensform. Und Wohnungsgenossenschaften beweisen immer wieder aufs Neue, dass Wohnen mehr ist, als ein Dach über dem Kopf. Genossenschaftliches Wohnen steht für ein gutes Wohnumfeld, funktionierende Nachbarschaften sowie sozialen Zusammenhalt in den Wohnquartieren.
Das besondere Etwas
Wohnungsgenossenschaften blicken auf eine lange und erfolgreiche Geschichte zurück. Dies liegt nicht zuletzt an den genossenschaftlichen Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung. Das genossenschaftliche Geschäftsmodell ist auf das Wohl der Mitglieder ausgerichtet. Mitbestimmung und Solidarität sind bis heute zentrale Grundsätze des genossenschaftlichen Wirtschaftens. Die Genossenschaftsmitglieder haben ein weitgehendes Mitwirkungsrecht und können sicher sein, dass sich die Genossenschaft nicht an den Interessen fremder Kapitalgeber orientiert, sondern ausschließlich an denen der Mitglieder.
Gelebte Demokratie seit einem Jahrhundert
Wohnungsgenossenschaften bieten einen Mittelweg zwischen Eigentum und Miete. Einerseits sind die Mitglieder Miteigentümer der Genossenschaft. Sie haben daher eine eigentumsähnliche Position und genießen eine größere Sicherheit, als dies bei herkömmlichen Mietverhältnissen der Fall ist. Andererseits sind die Mitglieder genauso flexibel, da sie den Nutzungsvertrag ganz normal kündigen können. Gerade das lebenslange Wohnrecht ist ein großer Vorteil. Aber auch die Möglichkeit der Genossenschaftsmitglieder, sich aktiv ins Genossenschaftsleben einzubringen, ist sehr attraktiv. Andererseits sind natürlich auch diejenigen, die einfach nur gut wohnen wollen, in der Genossenschaft willkommen.
Die Ursprünge der Wohnungsbaugenossenschaften
Die Idee der Wohnungsbaugenossenschaften geht auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. In einer Zeit rasanter Industrialisierung, in der Wohnraum in den Städten knapp und teuer wurde, schlossen sich Arbeiter, Handwerker und Kleinbürger zusammen, um durch kollektive Selbsthilfe und Solidarität bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Eine der ersten Wohnungsbaugenossenschaften in Deutschland wurde 1862 in Hamburg gegründet. Die WG Schuckert wurde 1896 gegründet. Die Grundidee war einfach, aber wirkungsvoll: Mitglieder einer Genossenschaft erwarben Anteile und wurden damit Miteigentümer der gemeinschaftlichen Wohnanlagen. Dies sicherte ihnen ein lebenslanges Wohnrecht zu fairen Konditionen und schützte sie vor willkürlichen Mieterhöhungen oder Kündigungen.
Wachstum und Wandel im 20. Jahrhundert
Nach dem Ersten Weltkrieg spielten Genossenschaften eine Schlüsselrolle im sozialen Wohnungsbau der Weimarer Republik. Staatliche Förderprogramme unterstützten den Bau neuer Wohnungen, und die genossenschaftliche Idee gewann weiter an Popularität. Während der NS-Zeit wurden viele Genossenschaften gleichgeschaltet oder aufgelöst, doch nach dem Zweiten Weltkrieg erlebten sie eine Renaissance. Besonders in den 1950er- und 1960er-Jahren, als Deutschland dringend neuen Wohnraum für die wachsende Bevölkerung benötigte, waren Wohnungsbaugenossenschaften ein zentraler Akteur. In dieser Zeit entstanden viele der noch heute bestehenden Genossenschaftswohnungen, die durch ihre solide Bauweise und sozialverträglichen Mietpreise überzeugen.
In der DDR spielten Wohnungsbaugenossenschaften ebenfalls eine wichtige Rolle. Hier waren sie oft staatlich gelenkt, boten aber dennoch vielen Bürgern eine Möglichkeit, in bezahlbarem Wohnraum mit Mitbestimmung zu leben.
Wohnungsbaugenossenschaften heute
Heute gibt es in Deutschland rund 2.000 Wohnungsbaugenossenschaften mit mehr als zwei Millionen Wohnungen. Sie stehen für eine nachhaltige und soziale Wohnraumversorgung, da sie nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind und ihre Mitglieder in Entscheidungen einbinden. Gerade in Zeiten steigender Mieten und zunehmender Wohnraumknappheit erleben Genossenschaften eine neue Blüte.
Der Mensch und die Berücksichtigung seiner Bedürfnisse gehören zur DNA der Genossenschaften. Genossenschaften sind in der Lage, Tradition und Moderne miteinander zu verbinden, ohne dass ein Aspekt leiden muss. Dies gilt auch für die Nutzung digitaler Instrumente.
Aktuelle Herausforderungen
Die Wohnungsbaugenossenschaften stehen vor erheblichen Herausforderungen. Steigende Bau- und Energiekosten, verschärfte regulatorische Anforderungen und ein Mangel an geeigneten Bauflächen erschweren sowohl die Modernisierung des Bestands als auch den dringend benötigten Neubau. Zudem bringt die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) hohe Investitionsanforderungen mit sich, die wirtschaftlich schwer zu bewältigen sind. Hier ist eine engere Zusammenarbeit mit der Politik notwendig, um realistische und sozialverträgliche Lösungen zu finden. Deutschland muss
sich auf europäischer Ebene stärker für eine ausgewogene Regulierung einsetzen, die ökonomische, soziale und ökologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt.
Die Bedeutung der Wohnungsbaugenossenschaften für die Zukunft
Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt sind Genossenschaften eine der wenigen stabilen und sozialen Alternativen. Sie bieten nicht nur Schutz vor Spekulation und rasant steigenden Mieten, sondern fördern auch soziale Nachbarschaften und langfristige Wohnperspektiven. 2025, im Jahr der Genossenschaften, wird ihr Beitrag zur Gesellschaft besonders gewürdigt. Es ist eine Gelegenheit, die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens weiterzuentwickeln und die Rahmenbedingungen für genossenschaftliches Bauen zu verbessern. Denn eines hat die Geschichte gezeigt: Wohnungsbaugenossenschaften sind kein Relikt der Vergangenheit, sondern ein Modell mit Zukunft.